„Im Überseehafen Rostock wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 12,7 Millionen Brutto-Tonnen Fracht umgeschlagen und damit 600.000 Tonnen bzw. 5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Der tonnenmäßige Rückgang ist jedoch nur zum Teil coronabedingt, sondern eher statistischer Art durch den einmaligen Sondereffekt von Rohölimporten im Jahr 2019. Insgesamt zeigte sich eher die Stabilität des Geschäftsmodells des Hafens Rostock, in dem corona-unabhängige Umschlaggüter, wie die meisten Massengüter, coronabedingte Umschlagrückgänge anderer Segmente, zum Beispiel im Fähr- und RoRo-Verkehr, ausgleichen konnten“, sagt Dr. Gernot Tesch, Geschäftsführer von ROSTOCK PORT. „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treten im größten Hafen des Landes Mecklenburg-Vorpommern zwar auch im Güter-, aber insbesondere im Passagierverkehr zu Tage“, erläutert ROSTOCK PORT-Geschäftsführer Jens A. Scharner und ergänzt: „Die seit Mitte März anhaltenden Einschränkungen haben auch in unserem Hafen wirtschaftliche Folgen. Arbeitsabläufe waren und sind teilweise immer noch in vielen Unternehmen eingeschränkt oder unterbrochen, ebenso wie Lieferketten. Der national und international ausgesetzte touristische und private Reiseverkehr hat bisher zu massiven Einbrüchen im Fähr- und Kreuzfahrtpassagierverkehr geführt.“
Schütt- und Stückgüter im Plus, RoRo- und Flüssiggüter im Minus
„Das Umschlaggeschehen verlief in den einzelnen Hauptgutarten im ersten Halbjahr 2020 äußerst unterschiedlich, einige waren deutlich stärker von den Corona-Auswirkungen betroffen als andere. Rostock war und bleibt auch unter Corona-Bedingungen leistungsfähig und betriebsbereit. Auch während der Pandemie konzentriert sich ROSTOCK PORT weiter auf die Ertüchtigung der Hafen- und Verkehrsinfrastruktur“, so Jens A. Scharner.
Die rollende Fracht des Fähr- und RoRo-Verkehrs verzeichnete als jahrelanger Wachstumstreiber des Rostocker Hafenumschlags ein Minus von 10 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019. Von Januar bis Juni 2020 wurden 7,53 Millionen Tonnen rollende Ladung über die Kaikanten des Fähr- und RoRo-Terminals bewegt. Der Anteil der Fähr- und RoRo-Güter am Gesamtumschlag im Universalhafen Rostock betrug im ersten Halbjahr 59 Prozent. Der Umschlag von Massen- und Stückgütern erreichte im ersten Halbjahr knapp 5,2 Millionen Tonnen und hatte damit einen Anteil von 41 Prozent am Gesamtumschlag. Die Zahl der beförderten Fährpassagiere von und nach Nordeuropa verringerte sich im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr coronabedingt um die Hälfte auf 546.000.
Der Rostocker Überseehafen verzeichnete 3.730 Anläufe (2019: 3.795) von Fähr-, RoRo- und Frachtschiffen in den ersten sechs Monaten des Jahres, davon 2.804 (2019: 3.099) Anläufe von Fähr- und RoRo-Schiffen.
Rollende Ladung
Auf den drei Fähr- und drei RoRo-Verbindungen von und nach Dänemark, Schweden und Finnland wurden 181.000 Lkw (begleitete Einheiten) transportiert, 8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Umschlag von unbegleiteten Einheiten nahm ebenfalls ab, 63.700 Trailer bzw. sonstige Ladungsträger rollten über die Kaikanten (minus vier Prozent). Im ersten Halbjahr 2020 wurden zudem knapp 10.000 Eisenbahnwaggons über See transportiert und damit fast das Vorjahresniveau erreicht. Die Anzahl der transportierten Pkw nahm wie die Anzahl der Fährpassagiere fast um die Hälfte auf 102.360 Fahrzeuge ab.
Der Umschlag von Papier und Zellulose erreichte ein Ergebnis von 287.000 Tonnen. Das waren 73.000 Tonnen weniger als im Vergleichszeitraum 2019. Der Rückgang ist unter anderem auf Streiks in der finnischen Forstindustrie Anfang des Jahres zurückzuführen.
Der Umschlag intermodaler Ladeeinheiten im kombinierten Verkehr (KV) sank geringfügig um 3 Prozent auf 44.661 Ladeeinheiten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Jahresbeginn verlief sehr vielversprechend: so konnte Rostock Trimodal als Betreiber des KV-Terminals den März als umschlagstärksten Monat seit Bestehen des Unternehmens am Standort verkünden. Dies zeigte, dass Transportketten im kombinierten Verkehr über Rostock ein wichtiges Bindeglied zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in Europa sind. „Wir arbeiten weiterhin mit Partnern an neuen Zugverbindungen ins natürliche Hinterland von Rostock. Wir wollen die Standortvorteile Rostocks im Eisen-bahnverkehr, sowohl kombiniert als auch konventionell, stärker als bisher nutzen“, so Dr. Gernot Tesch.
Ab Rostock verkehren im kombinierten Verkehr wöchentlich 31 Intermodalverbindungen von und nach Verona (16), Cervignano (2), Brünn (3), Lovosice (5), Curtici (1), Wuppertal (3) sowie Halle (1).
Massen- und Stückgüter
Einen starken Rückgang von etwa 500.000 Tonnen gab es beim Umschlag von Flüssiggütern. Bis Ende Juni 2020 wurden 1,26 Millionen Tonnen über die Kaikanten gepumpt. Bedingt durch einen Sondereffekt wurden im Vorjahres-halbjahr 800.000 Tonnen Rohöl von Tankern über die Kaikanten zum Großtanklager Ölhafen Rostock importiert, um so eine alternative Versorgung der Raffinerie PCK Schwedt zu gewährleisteten, da russische Öllieferungen über die „Druschba“-Pipeline Ende April 2019 teilweise gestoppt wurden. Im ersten Halbjahr 2020 gab es hingegen keine Rohölimporte, dafür wurde aber mehr Rapsöl, Benzin, Heizöl und insbesondere Naphtha umgeschlagen.
Der Umschlag von Schüttgütern lag mit 3,6 Millionen Tonnen weit über dem Vorjahresniveau (plus 21 Prozent bzw. 600.000 Tonnen). Wachstumstreiber war im ersten Halbjahr der Getreideumschlag, der mit 2,2 Millionen Tonnen (plus 47 Prozent) den Löwenanteil des Schüttgutumschlags ausmachte. Erhebliche Rückgänge gab es beim Umschlag von Kohle (minus 337.000 Tonnen), Zuwächse dagegen beim Umschlag von Splitt (plus 90.000 Tonnen) und Zement (plus 50.000 Tonnen).
Im Stückgutbereich wurden 283.000 Tonnen über die Kaikanten gehoben und damit 18.000 Tonnen mehr bzw. plus 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahres-zeitraum. Es wurden vor allem mehr Bleche, Rohre und Windkraftanlagen verladen.
Erstmals seit Ende der 1980er Jahre werden im Überseehafen Rostock wieder Container umgeschlagen. Die ersten Container kamen über den Schienen- und Seeweg der Neuen Seidenstraße am 7. April mit Industrie- und Medizingütern aus Xi‘an in der zentralchinesischen Provinz Shaanxi in Rostock an. Das von der DB Cargo Eurasia organisierte Bahnprodukt mit Ladungen des Logistikdienstleisters DB Schenker nutzt dabei den Weg von China über Kasachstan, Russland, Weißrussland und Litauen bis in den russischen Hafen Kaliningrad. Dort übernimmt die Reederei Mann Lines die Ladung und verschifft diese mit Containerschiffen in den Überseehafen Rostock. Am Stückgut-Terminal des Umschlagunternehmens Euroports Germany auf Pier II werden die Container von Bord gehoben. Der Großteil der Container wird über das Terminal für den kombinierten Ladungsverkehr von Rostock Trimodal nach Verona in Italien sowie mit der Fähre über Trelleborg nach Schweden verteilt.
Der entscheidende Unterschied zu den herkömmlichen ausschließlich landbasierten Transportrouten auf der Seidenstraße per Bahn liegt in der Nutzung eines Short-Sea-Container-Liniendienstes zwischen Kaliningrad und Rostock. Die angestrebte Regellaufzeit dieses Containerverkehrs zwischen China und dem jeweiligen europäischen Bestimmungsort beträgt zwölf Tage. „Im Vergleich zu den Bahnverkehren über die polnisch-weißrussische Infrastruktur mit Engpässen durch Streckenbauarbeiten und Grenzkontrollen bietet die Short-Sea-Alternative Kaliningrad-Rostock eine kürzere Transitzeit sowie eine hohe Verlässlichkeit. Beides sind Hauptargumente für die Kunden, den kombinierten Land-See-Weg als alternative Transportmöglichkeit zu nutzen, zumal sie in Rostock perfekte Weiterverteilmöglichkeiten haben“, sagt Dr. Gernot Tesch.
Projekte und Investitionen der ROSTOCK PORT GmbH
Die großen Bauprojekte wie der Neubau von Liegeplatz 23 inklusive Baggerung zur Erhöhung der Wassertiefe, die Optimierung der Fähr- und RoRo-Liegeplätze 50, 62 und 63 sowie der Bau eines neuen Terminalgebäudes in Warnemünde wurden bis Juni 2020 weitestgehend abgeschlossen.
Die neu gebauten Liegeplätze befinden sich bereits in Nutzung. So wurden im vergangenen Monat schon an Liegeplatz 23 Düngemittel und Kohle umgeschlagen und an den Liegeplätzen 50/41, 62 und 63 gingen RoRo-Güter über die Kaikanten, darunter Papier.
Die über 50 Jahre alte Kaikonstruktion am Liegeplatz 23 war sanierungs-bedürftig. Im Zuge der Baumaßnahmen wurde die Flächenbelastbarkeit der Kaianlage von zwei auf fünf Tonnen pro Quadratmeter erhöht. Die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 18,6 Millionen Euro.
Durch die im letzten Jahr erfolgte Auslegung der Planfeststellungsunterlagen für die Seekanalvertiefung Rostocks auf 16,50 Meter und die Anhörung Anfang 2020 wurden die Voraussetzungen für zukünftige Verkehrsströme und Umschlagpotentiale insbesondere im Massengutbereich gelegt. Aktuell wird von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung der Planfeststellungsbeschluss erarbeitet, dessen Entwurf und Auslegung noch in diesem Jahr erfolgen soll. Für mehr als 100 Millionen Euro will der Bund in Rostock die etwa 15 Kilometer lange Hafenzufahrt auf 16,5 Meter vertiefen, damit Schiffe mit einem Tiefgang von bis zu 15 Meter Rostock sicher anlaufen können. Die Vertiefung des Rostocker Seekanals soll im Jahr 2021 beginnen und etwa zweieinhalb Jahre dauern. ROSTOCK PORT selbst konzentriert sich nunmehr insbesondere auf die Planung zum Neubau und zur Vertiefung der Liegeplätze 17 und 18.
Um Schiffe mit einer Länge von bis zu 220 bzw. 250 Metern im Fähr- und RoRo-Bereich abfertigen zu können, wurden die Liegeplätze 62 und 63 seit Ende 2018 umgebaut. Durch den Neubau von Liegeplatz 50, der Querkai im Hafenbecken A, können auch hier künftig RoRo-Schiffe mit einer Länge von bis zu 250 Meter anlegen und umschlagen. Die Gesamtkosten für die Optimierung dieser drei Fähr- und RoRo-Liegeplätze betragen rund 21 Millionen Euro.
Zur Verbesserung von Qualität, Nachhaltigkeit und Sicherheit der Kreuzschifffahrt in Warnemünde investierten das Land, die Hanse- und Universitätsstadt Rostock und ROSTOCK PORT mehr als 15 Millionen Euro in den Neubau eines weiteren Terminalgebäudes am Liegeplatz P8. Das Gebäude, 186 Meter lang und 30 Meter breit, ist weitestgehend fertiggestellt und wurde am 2. Juli 2020 eingeweiht.
Für das Jahr 2020 plant ROSTOCK PORT mit einem Investitionsvolumen von rund 30 Millionen Euro. Die Kosten entfallen zum einen auf die im ersten Halbjahr 2020 abgeschlossenen Vorhaben und zum anderen auf neue Bauprojekte wie die Baureifmachung von sieben Hektar Fläche im Hafeneingangsbereich und eine Tunnelunterführung, durch die zukünftig zwei Logistikflächen miteinander verbunden werden sollen.
Bereits Ende 2019 wurde nach EU-weiter Ausschreibung ein weiteres Investitionsvorhaben mit dem Namen „Verkehrsertüchtigung 2. Abschnitt“ gestartet. Ein erstes Teilobjekt umfasst die bereits oben erwähnte Baureifmachung von etwa sieben Hektar Hafenfläche. Weitere Teilobjekte dienen vor allem der Ertüchtigung und Optimierung vorhandener verkehrlicher Anlagen. Das Gesamtvolumen des Investitionsvorhaben „Verkehrsertüchtigung 2. Abschnitt“ beträgt rund zwölf Millionen Euro und soll in den nächsten drei Jahren umgesetzt werden.
In der baubehördlichen Zuständigkeit der Hanse- und Universitätsstadt Rostock erfolgt derzeit der Bau einer Landstromanlage zur Versorgung von Schiffen an den Liegeplätzen P7 und P8 in Warnemünde. Eine entsprechende Absichtserklärung zur gemeinsamen Förderung einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Kreuzschifffahrt war mit AIDA Cruises, dem Land Mecklenburg-Vorpommern, der Hanse- und Universitätsstadt Rostock und ROSTOCK PORT im September 2018 unterzeichnet worden. Ziel ist eine baldige Aufnahme des Testbetriebs.
Kreuzfahrthafen Rostock-Warnemünde in Zeiten von Corona
Die Kreuzfahrtsaison 2020 sollte im Warnemünder Passagierhafen am 24. März mit dem Anlauf des Passagierschiffes „Boudicca“ der englischen Reederei Fred Olsen Cruise Lines beginnen. Insgesamt waren 207 Anläufe von 44 Kreuzfahrtschiffen für dieses Jahr angemeldet. 188 Mal sollten die Schiffe in Warnemünde und 19 Mal im Überseehafen anlegen. Durch die weltweit grassierende Corona-Pandemie ist die Kreuzschifffahrt fast vollständig zum Erliegen gekommen, so dass im ersten Halbjahr 2020 kein Kreuzfahrtschiffanlauf verzeichnet werden konnte. Die Rostocker Reederei AIDA Cruises plant den Neustart der Kreuzschifffahrt ab 12. August von Warnemünde mit Kurzreisen in die Ostsee. „Rostock-Warnemünde hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zum Anlaufpunkt für Kreuzschifffahrtsgäste aus nah und fern entwickelt. Mit dem neuen Terminalgebäude ‚Warnemünde Cruise Center 8‘ und der baldigen Inbetriebnahme der Landstromanlage geht ein deutlich verbessertes Serviceangebot an den Start, und es wird ein starker Impuls für den Neustart des Hochsee-Tourismus gegeben. Die Corona-Krise wird aber auch in der zweiten Jahreshälfte durch Reise-beschränkungen, Störungen in der Logistik und unterbrochene Lieferketten tiefe Spuren beim Passagierverkehr und einigen Segmenten des Frachtumschlags hinterlassen“, so Jens A. Scharner.
Die Pressemitteilung als PDF finden Sie HIER