Eiserne Seidenstraße hat sich als Alternative etabliert - Shortsea und Binnenschifffahrt sind die ideale Verlängerung
Fachleute aus der Praxis informierten im Rahmen einer digitalen spc-Veranstaltungsreihe über den Status quo, Potenziale, Perspektiven und die Bedeutung im Zusammenhang mit Binnenschifffahrt und Shortsea
Hamburg / Bonn, 25. Juni 2021
Die Seidenstraße hat sich zu einer alternativen Verbindung zwischen Asien und Europa etabliert. Die jüngste Sperrung des Suez Kanals und die Folgen für die Logistik heben noch einmal die Bedeutung als Alternative hervor. Was ist von der Seidenstraße zukünftig zu erwarten? Was bedeutet dies für vor- und nachgelagerte Verkehre per Binnenschiff oder dem Kurzstreckenseeverkehr?
Lisa Flatten, Projektkoordinatorin Konnektivität bei der Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing (GTAI), beschrieb die aktuelle Situation aus ihrer Sicht. „Für China ist die Seidenstraßeninitiative ein Wirtschaftsförderungsprogramm, dass Transportwege sichern und ausbauen, den Handel intensivieren und eigene politischen Interessen voranbringen soll.“, erklärte Flatten. Die deutsche Wirtschaft gewinnt durch indirekte Effekte wie neue Lieferketten und Transportmöglichkeiten. Doch müssen deutsche Firmen dadurch auch mit einem erstarkten chinesischen Wettbewerb auf Drittmärkten rechnen. Weiter erklärt sie: „Für China geht die Initiative der neuen Seidenstraße – auch Belt and Road Initiative genannt – weit über die neuen Transportrouten zwischen China und Europa hinaus.“ So erstreckt sich das Projektengagement der Chinesen auf Drittmärkten weltweit über zahlreiche Sektoren, von Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur über Stadtentwicklungsprojekte und den Aufbau von Industriezonen bis hin zu Projekten in der Landwirtschaft oder im Bildungs- und Forschungsaustausch. Auch wenn seit 2016 eine gewisse Abschwächung geschlossener Seidenstraßenverträge weltweit zu verzeichnen ist, ist eine komplette Abkehr Chinas von der Initiative unwahrscheinlich.
Felix von Wedel von der SACO Shipping GmbH, einem Non Vessel Operating Common Carrier (NVOCC) berichtete aus der Praxis. Sein Unternehmen betreibt die LCL Rail Services und bietet aktuell wöchentlich drei Dienste auf der Seidenstraße, zwei davon im Export zwischen Hamburg und Xian /Wuhan und ein Dienst zwischen Hefei und Hamburg. Er sieht den Vorteil für die Schiene in Transportzeit – und kosten verglichen mit Schiff oder Luftfracht, die kürzer und günstiger sind. „Im Schnitt ist der Zug 50 Prozent schneller als Seefracht und 60 Prozent günstiger als Luftfracht“, verdeutlicht von Wedel. Auch die aktuelle Situation auf dem Seefrachtmarkt mit Containermangel, extrem hohen Raten und Laderaumknappheit verstärkt die Nachfrage nach Transporten über die eiserne Seidenstraße. Gleichwohl gelten die Vorteile nur, wenn der Transport problemlos läuft und nicht am Zoll o. ä. aufgehalten wird. Zudem wünscht er sich mehr Transparenz auf dem chinesischen Markt und berichtet, dass es sehr schwierig sei, ohne einen guten chinesischen Partner dort einen Dienst aufzubauen.
Wie gut die Zusammenarbeit zwischen Shortsea und Schiene funktioniert, zeigt das Beispiel von Rostock Port. Von dort gibt es seit einem Jahr einen Dienst über die Seidenstraße mit einer Kombination von Schiff (Rostock nach Kaliningrad) und Zug. Dr. Gernot Tesch, Geschäftsführer von Rostock Port erläuterte, dass diese von mehreren Kooperationspartnern (Operateur, Reeder, Umschlagunternehmen, Häfen) entwickelte neue Transportalternative auf Wunsch von Verladern und Operateuren entstanden sei, um dem rasant wachsenden Seidenstraßenverkehren zusätzliche Wege zu eröffnen. Mit schon erreichten Transportzeiten Xi`an - Rostock von 12 Tagen (9 davon auf der Schiene, 2 Tage für den Umschlag in Kaliningrad und Rostock und ein Tag auf See) konnten die Verkehre eine wesentliche Beschleunigung erfahren. Von Rostock erfolgt die Weiterverteilung über das dichte Fährnetz nach Nordeuropa sowie über Ganzzüge bzw. das bestehende KV-Netzwerk auf kontinentaleuropäischer Seite. Der Rostocker Hafen ist Deutschlands größter Ostseehafen und gleichzeitig einziger Tiefwasserhafen. Er bedient Nord-, Zentral- und Südosteuropas von einem Hub und hat die ideale Position, um von einem Standort aus unterschiedliche Hinterlandkorridore zu bedienen (südwestlicher, zentraler, südöstlicher Korridor).
Die Seidenstraße aus Sicht des größten europäischen Binnenhafens beschrieb Guanzhe Cao von der duisport – Duisburger Hafen AG. Dieser kooperiert mit verschiedenen Serviceprovidern, die transkontinentale Zugverbindungen mit China anbieten. Es werden eine Reihe von Stationen innerhalb Chinas bedient, darunter Chongqing, Xi'an, Wuhan, Yiwu, Shenzhen, Qingdao und 20 anderen Destinationen. Aktuell werden in Duisburg jede Woche ca. 60 Züge abgefertigt. Wenn man es hochrechnet, entspricht es mehr als 200 000 TEU per anno und damit ist die eiserne Seidenstraße für den Duisburger Hafen ein absolutes Erfolgsprojekt. Die Laufzeit der Züge liegt zwischen 12 und 16 Tagen. Cao sieht das Binnenschiff als sinnvolle Ergänzung für die Weiterverteilung der Container und ein großes Potenzial, diesen Verkehrsträger künftig auch noch stärker einzubinden.
Alle Referenten waren übereinstimmend der Meinung, dass sich die eiserne Seidenstraße etabliert hat und weiterwachsen wird. Sie wird den Seeverkehr nicht ersetzten, ist aber eine Alternative, die funktioniert. Laut Hafen Hamburg Marketing erreichten 2020 über die eiserne Seidenstraße 107.000 TEU den Hamburger Hafen Das entspricht etwa der Transportkapazität von fünf Großcontainerschiffen a 20.000 TEU.
Weiter war man sich einig, dass die Entwicklung der eisernen Seidenstraße davon abhängt, inwiefern die aktuellen Herausforderungen angegangen und verbessert werden können. Dazu zählen die geringe Transparenz seitens des chinesischen Marktes, die unterschiedlichen Spurbreiten in den Transitländern, Zollabwicklung, Sprache, und ein westboundlastiger Warenverkehr. Dann ist auch eine weitere Reduzierung der Transitzeiten denkbar, was die Attraktivität noch einmal steigern würde. Ferner können zurzeit fast nur 40´ Standardcontainern genutzt werden und Gefahrgüter sind, bis auf wenige Ausnahmen, auf der Schiene in China verboten. Perspektivisch sind auch andere Transportbehälter oder Spezialequipment denkbar.
„Die eiserne Seidenstraße bringt den äußerst wichtigen asiatischen Markt, insbesondere China, näher an die Binnenschifffahrt und den Kurzstreckenseeverkehr. Auch die Kombination von Schiene und Anschlusstransport per Binnenschiff oder Shortsea bietet die sehr gute Chance, die Transportkette auf dieser langen Distanz äußerst nachhaltig darzustellen, verbunden mit einer attraktiven Laufzeit. Das finden wir natürlich gut und wollten dies mit der Veranstaltung hervorheben,“ so das Fazit von spc Geschäftsführer Markus Nölke.
Kontakt:
ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC)
c/o Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
Jacqueline Engler, Pressereferentin
Robert-Schuman-Platz 1, D-53175 Bonn
Phone: +49 (0) 228 300 4895
Fax: +49 (0) 228 300 807 4890
E-Mail: engler@shortseashipping.de
Homepage: www.shortseashipping.de